Eine umfassende präzise Rekonstruktion der chronologischen Reihenfolge der Koransuren ist heutzutage weder möglich noch besonders notwendig. Nützlich und weitgehend möglich ist jedoch die Einordnung eines Großteils des Koran in grobe Phasen des Verlaufs der Prophetenschaft.
Wenn sowohl genügend klare inhaltliche Bezüge zu historischen Ereignissen bzw. Zuständen als auch Überlieferungen zur zeitlichen Einordnung einer Offenbarung fehlen, lässt sich oft anhand der folgenden Kriterien wenigstens eine Periodisierung erreichen. Dabei sollten möglichst die meisten Punkte zu der jeweiligen Periode zutreffen – es kann aber durchaus mal Minderheit der Punkte unerfüllt sein. Trotz des Vorschlagscharakters der untenstehenden Zusammenstellung: Vieles davon ist in der Forschung allgemein bekannt, und die Berechtigung der Kriterien dürfte jeder erkennen, der die Offenbarungen analysiert, zu denen tatsächlich Überlieferungen hinsichtlich der ungefähren zeitlichen Einordnung existieren, oder die genügend klare inhaltliche Bezüge zu historischen Kontexten aufweisen:
Es ist allerdings nicht völlig ausgeschlossen, dass auch innerhalb einer Periode eine Chronologisierung möglich ist. Der historischen Realität kommt für diese Phase die folgende Suren-Reihenfolge anscheinend am nächsten:
Für die erste Offenbarung existieren genügend authentische Berichte bei Bukhariyy und Muslim, die belegen, dass sie das erste war, was vom Koran auf Mohammed herabkam. Es ist sogar möglich, über Datum und Tageszeit dieses Ereignisses nachzudenken. Dazu existieren verschiedene Angaben und Schätzungen. Mit völliger Sicherheit lässt sich hier zwar wohl nichts aussagen. Dennoch gehen wir hier davon aus, dass es im letzten Drittel des neunten Mondmonats (ramaĐân) kurz nach Sonnenuntergang stattfand. Dies stützt sich auf:
An diesen Stellen ist einerseits von der „Nacht der Bestimmung“, andererseits von einem „deutlichen/klaren Horizont“ die Rede, so dass ein heller Himmel zur Nachtzeit, wie es ihn nur kurz nach Sonnenuntergang gibt, naheliegt. Die Nacht der Bestimmung ist nach Meinung der meisten Gelehrten im letzten Drittel des neunten Mondmonats.
Hierzu benötigen wir zwei Überlieferungen:
Überlieferung A Saħîħ al-Bukhâriyy, Hadith Nr. 6982:
قالت عائشة: أول ما بدئ به رسول الله صلى الله عليه وسلم من الوحي الرؤيا الصادقة في النوم ، فكان لا يرى رؤيا إلا جاءت مثل فلق الصبح ، فكان يأتي حراء فيتحنث فيه ، وهو التعبد ، الليالي ذوات العدد ، ويتزود لذلك ، ثم يرجع إلى خديجة فتزوده لمثلها ، حتى فجئه الحق وهو في غار حراء ، فجاءه الملك فيه ، فقال: اقرأ ، فقال النبي صلى الله عليه وسلم: ( فقلت: ما أنا بقارئ ، فأخذني فغطني حتى بلغ مني الجهد ، ثم أرسلني فقال: اقرأ ، فقلت: ما أنا بقارئ ، فأخذني فغطني الثانية حتى بلغ مني الجهد ، ثم أرسلني فقال: اقرأ ، فقلت: ما أنا بقارئ ، فأخذني فغطني الثالثة حتى بلغ مني الجهد ، ثم أرسلني فقال: { اقرأ باسم ربك الذي خلق - حتى بلغ - علم الإنسان ما لم يعلم } ) . فرجع بها ترجف بوادره ، حتى دخل على خديجة ، فقال: ( زملوني زملوني ) . فزملوه حتى ذهب عنه الروع ، فقال: ( يا خديجة ، ما لي ) . وأخبرها الخبر ، وقال: ( قد خشيت على نفسي ) . فقالت له: كلا ، أبشر ، فوالله لا يخزيك الله أبدا ، إنك لتصل الرحم ، وتصدق الحديث ، وتحمل الكل ، وتقري الضيف ، وتعين على نوائب الحق . ثم انطلقت به خديجة حتى أتت به ورقة بن نوفل بن أسد ابن عبد العزى بن قصي ، وهو ابن عم خديجة أخي أبيها ، وكان امرأ تنصر في الجاهلية ، وكان يكتب الكتاب العربي ، فيكتب بالعربية من الإنجيل ما شاء الله أن يكتب ، وكان شيخا كبيرا قد عمي ، فقالت له خديجة: أي ابن عم ، اسمع من ابن أخيك ، فقال ورقة: ابن أخي ماذا ترى ؟ فأخبره النبي صلى الله عليه وسلم ما رأى ، فقال ورقة: هذا الناموس الذي أنزل على موسى ، يا ليتني فيها جذعا ، أكون حيا حين يخرجك قومك . فقال رسول الله صلى الله عليه وسلم: ( أو مخرجي هم ) . فقال ورقة: نعم ، لم يأت رجل قط بمثل ما جئت به إلا عودي ، وإن يدركني يومك أنصرك نصرا مؤزرا . ثم لم ينشب ورقة أن توفي ، وفتر الوحي.
Überlieferung B Saħîħ al-Bukhâriyy, Hadith Nr. 4954:
قال رسول الله (ص): بينا أنا أمشي ، سمعت صوتا من السماء ، فرفعت بصري ، فإذا الملك الذي جاءني بحراء ، جالس على كرسي بين السماء والأرض ، ففرقت منه ، فرجعت ، فقلت: زملوني زملوني ، فدثروه ، فأنزل الله تعالى: { يا أيها المدثر . قم فأنذر . وربك فكبر . وثيابك فطهر . والرجز فاهجر } . - قال أبو سلمة: وهي الأوثان التي كان أهل الجاهلية يعبدون - قال : ثم تتابع الوحي
Es gibt verschiedene Ansichten darüber, welche Sure oder Versgruppe Mohammed als zweite Offenbarung empfangen hat. Meist werden die folgenden Offenbarungen genannt, wobei wohl nur der Beginn der jeweiligen Sure gemeint ist:
Für den Beginn der Sure Nr. 73, al-muzzammil, als zweite Offenbarung sprechen die folgenden Punkte:
Der Herr des Ostens und des Westens, keine Gottheit ausser Ihm“ (Vers 9). Dies stützt die Ansicht von Sure Nr. 73 mit den Versen 1 bis 9 als zweite Offenbarung in mehrfacher Hinsicht:
Vers 10 ff. wird etwas später offenbart worden sein, da der Inhalt einen bereits bestehenden Konflikt zwischen Mohammed und seinem Volk o.ä. nahelegt. Al-Qortobiyy erwähnt denn auch die auf Ibn ‘Abbâs und Qatâdah zurückgeführte Meinung, Vers 10 und 11 seien erst später offenbart worden. Der Schwachpunkt dieser Überlieferung ist nur, dass sie diese beiden Verse in die Phase nach der Auswanderung einordnet, was jedoch übertrieben sein dürfte, da dies weder zum Inhalt noch zur Redeweise der beiden Verse passt.8
Irritierend sind zwei scheinbare Angaben Aishahs (r), die sie zur al-muzzammil-Sure laut einer Überlieferung u.a. im Saħîħ-Werk Muslims gemacht hat. Hishâm b. ‘Âmir berichtet darin:
„Ich sagte zu ihr: ‚Erzähle mir etwas über das (nächtliche) Stehen des Gesandten Gottes, Gott segne ihn fürsorglich und spende ihm Heil.’ Sie sagte: ‚Liest du nicht yâ ayyuha l-muzzammil?’ ‚Doch’, sagte ich. Sie sagte: ‚Gott, voller Machtwürde und Majestät ist Er, hat ja das nächtliche Stehen am Anfang dieser Sure zur Pflicht gemacht. Da standen der Prophet und seine Gefährten ein Jahr9 lang (jede Nacht), während Gott den Schluss der Sure im Himmel zurückhielt. Schließlich sandte Gott im Schlussteil der Sure die Erleichterung herab, worauf das nächtliche Stehen nach der Pflicht zur Freiwilligkeit wurde.’“
Der Schluss der Sure, über den Aishah spricht, ist Vers 20:
Dein Herr weiss ja, dass du etwa zwei Drittel der Nacht stehst, und auch die Hälfte, und ein Drittel, wie auch eine Schar von denen, die mit dir sind. Und Gott bestimmt das Mass der Nacht und des Tages. Er weiss, dass ihr es nie abzählen werdet und hat sich euch daher wieder zugekehrt. So lest vom Koran, was davon leichtfällt. Er weiss, dass einige unter euch krank sein werden, und andere, die im Lande umherreisen, nach Gottes Gunstfülle trachtend, und wieder andere, die des Weges Gottes wegen kämpfen. So lest, was davon leichtfällt, und verrichtet das Gebet und entrichtet die Läuterungsabgabe und leiht Gott ein schönes Darlehen. Und das, was ihr an Gutem für eure Seelen vorausschickt, werdet ihr bei Gott als besseren und grösseren Lohn finden. Und bittet Gott um Vergebung. Wahrlich, Gott ist verzeihend, barmherzig.
Die eine Merkwürdigkeit ist, dass das nächtliche Stehen in den Worten Aishas wie eine anfängliche Pflicht für alle Muslime erscheint, obwohl wir im Text des Surenbeginns vergeblich nach wirklich stabilen Anhaltspunkten hierfür suchen.
Die zweite Merkwürdigkeit ist die Angabe, dass der letzte Vers von der kompletten al-muzzammil-Sure, Vers 20, nur 12 Monate nach dem Beginn der Sure offenbart worden sei. Diese Ansicht ist auch bei anderen Altvorderen zu finden. Dieser letzte Vers kann seinem Inhalt (Erwähnung des qitâl10), seiner Redeweise und den Aussagen der Koranwissenschaftler nach zu urteilen in dieser Form nur nach der Auswanderung nach Medinah und somit nach unserem Szenario wohl mindestens 13 Jahre statt nur zwölf Monate später offenbart worden sein.
Aufgrund der Erwähnung des qitâl müsste nach dem scheinbaren Szenario Aishas die erstmalige Herabkunft des Surenbeginns in Medinah geschehen sein, da die erste Schlacht diejenige von Badr war und diese erst im zweiten Jahr nach der Auswanderung stattgefunden hat. Dass jedoch irgendetwas außer dem letzten Vers medinensisch ist, ist jedoch so gut wie ausgeschlossen.
Wenn Aishah (r) hier in der Angabe der Zeitspanne kein Fehler unterlaufen ist11, gäbe es folgende, nicht beweisbare, aber teils sehr plausible Erklärungen:
eine Schar von denen, die mit dir sind“, also nicht alle Prophetengefährten.
Wir nehmen an, dass diese Versgruppe die dritte oder eine sehr bald auf die zweite folgende Offenbarung ist. Diese Annahme wird durch die folgenden Punkte unterstützt:
Der Grund dafür, dass wir Sure 93 hier, auf die Kette 96:1-5, 73:1-9 und 68:1-6 folgend, ansiedeln, sind die weitgehend verlässlichen Überlieferungen, denen zufolge die Offenbarung in der Frühphase des Prophetentums ausgeblieben sei, was bei Mohammed zu einem tiefen Trauerzustand geführt habe. Die folgende Beispielüberlieferung, von Ibn Ħajar von Askalon14 als ħasan eingestuft, erwähnt sogar ausdrücklich ad-Doħâ:
عن زيد بن أرقم: قالت امرأة أبي لهب لما مكث النبي صلى الله عليه وسلم أياما لم ينزل عليه الوحي: يا محمد ما أرى شيطانك إلا قد قلاك، فنزلت والضحى.
„Laut Zayd ibn Arqam sagte die Frau Abu Lahabs, als beim Propheten mehrere Tage die Offenbarung ausblieb: ‚Mohammed, mir scheint wirklich, dass dein Satan dich nun verabscheut.’ Darauf kam wa d-Doħâ herab.“
Zwar scheint nach einer Überlieferung von Jabir b. Abdillâh im Saħîħ-Werk des Bukhâriyy15 der Beginn von Sure 74 (al-muddatthir) statt Sure 93 die Offenbarungspause beendet zu haben, doch ist es bekannt, dass im Leben des Propheten mehr als eine Offenbarungspause gab, wobei die hier behandelte deswegen so schwer für ihnen gewesen sein wird, weil sie die erste und somit ungewohnt war. Desweiteren müssen Sure 93 und andere wenige Suren, die wir ebenfalls vor Sure 74 ansiedeln wollen, die Offenbarungspause nicht völlig beendet haben, sondern können sie auch schlicht oberflächlich unterbrochen haben. Dies legt auch die Formulierung im Hadith des Jâbir b. Abdillâh nahe: ثم حمي الوحي وتتابع. Diese Formulierung scheint eher Wert darauf zu legen, dass die Offenbarungen dann „wieder direkt aufeinander folgten“, als dass die Offenbarungspause unterbrechungsfrei war.
Tabariyy zitiert in seinem Kommentar zum ersten Vers der 96. Sure (al-‘alaq) einen Bericht von Abdullâh b. Shaddâd16, der auf die 96. Sure und die Offenbarungspause sogar direkt Sure 93 folgen zu lassen scheint, was zumindest dafür spricht, dass Sure 93 zu den frühesten Offenbarungen überhaupt und somit in das erste Drittel der mekkanischen Phase gehört. Dies deckt sich mit der in Suyûtiyys Schrift al-itqân fî ‘ulûm al-qur°ân auf Jâbir b. Zayd zurückgeführten Surenchronologie, welche diese Sure schon an die elfte Stelle setzt, und auch mit der Chronologie bei Nöldeke, der sie an die dreizehnte Stelle setzt.
Was den Beginn von Sure 73 (al-muzzammil) hingegen anbetrifft, so ist es sehr sicher, dass Sure 93 erst danach offenbart wurde, da im Saħîħ-Werk des Bukhâriyy das Auslassen des nächtlichen Stehens als Offenbarungsanlass für Sure 93 genannt wird17. Dieses offenbar schon vor dem Kommen der 93. Sure praktizierte nächtliche Stehen wird in Sure 73 befohlen, so dass Sure 73 vor Sure 93 offenbart worden sein wird.
Die chronologische Einordnung der Sure Nr. 105 (al-fîl) direkt nach Sure 93 (ad-Doħâ) oder auch nur als irgendeine der ersten zehn Offenbarungen dürfte zwar nicht weiter schaden, selbst wenn diese Einordnung der historischen Wirklichkeit wider Erwarten nicht entsprechen würde, doch liegen uns anders als zu den als vorausgegangen eingestuften Offenbarungen (96:1-5, 73:1-9, 68:1-6, 93) keine Überlieferungen vor, und auch keine starken Anhaltspunkte in solchen Überlieferungen. Vielmehr beruht die Einordnung dieser Sure auf folgenden Punkten:
Und die Wohltat deines Herrn: Erzähle von ihr.
Oft wird die Sure al-muddatthir als zweite Offenbarung nach Sure Nr. 96 (al-‘alaq) genannt. Die Gegenargumente wurden teils bereits in den Unterlagen zu Folge 4 genannt. Insbesondere wird dort die wichtige Ansicht untermauert, den Beginn der Sure al-muddatthir zwar als eine sehr frühe, aber erst nach al-muzzammil erfolgte Offenbarung anzusehen.
Ein weiteres Argument ist, dass das Wort muddatthir ein lockeres Zugedecktsein assoziieren kann, während muzzammil ein regelrechtes, enges Eingewickeltsein mitteilt. Die zweite Engelserscheinung scheint also zu einem Zeitpunkt stattgefunden zu haben, als sich Mohammed an den Gedanken des Prophetentums mehr gewöhnt hatte als kurz vor der Offenbarung des Beginns der Sure al-muzzammil. Er hatte sich sogar schon so weit in der Fassung, dass er seinen Angehörigen nach dem Hereinkommen gezielte Anweisungen geben konnte:
Dass aber ungefähr spätestens hier dieser Offenbarungsteil anzusiedeln ist, ist dadurch klar, dass…
Dass diese Sura fast oder sogar ganz direkt auf den Surenteil al-muddatthir 74:1-10 folgte, lässt sich mit weitgehender Sicherheit sagen. Sowohl die auf Jâbir b. Zaid zurückgehende Surenchronologie in Suyûtiyys itqân als auch Nöldeke zählen sie zu den allerfrühesten Offenbarungen, und Überlieferungen wie bei Bukhâriyy legen diese Frühe ebenfalls nahe, da an ihnen zu sehen ist, dass sich die Quraysch von Mohammed zu dem Zeitpunkt des beschriebenen Geschehens noch nicht abgewendet haben:
قال ابن عباس: صعد النبي صلى الله عليه وسلم الصفا ذات يوم، فقال: (يا صباحاه). فاجتمعت إليه قريش، قالوا: ما لك؟ قال: (أرأيتم لو أخبرتكم أن العدو يصبحكم أو يمسيكم، أما كنتم تصدقونني) . قالوا: بلى، قال: (فإني نذير لكم بين يدي عذاب شديد) فقال أبو لهب : تبا لك، ألهذا جمعتنا؟ فأنزل الله : { تبت يدا أبي لهب}
Ibn Abbâs sagte: Der Prophet bestieg den Hügel as-Safâ eines Tages und rief: Yâ Sabâħâh! Da versammelten sich bei ihm die Quraysch. Sie sagten: „Was ist mit dir los?“ Er sagte: „Was meint ihr, wenn ich euch mitteilen würde, dass der Feind dabei wäre, einen Morgen- oder Abendangriff gegen euch zu führen, würde ihr mir keinen Glauben schenken?“ Sie sagten: „Doch!“ Er sagte: „Dann bin ich euch ein Warner kurz vor einer schweren Pein.“ Da sagte: Abû Lahab: „Zerrüttung sollst du haben! Hierfür hast du uns versammelt?“ Da ließ Gott (die Sure) Zerrüttet seien die Hände des Abu Lahab
herabkommen.20
Merkwürdig hinsichtlich der Chronologie ist allenfalls eine Überlieferung, welche u.a. in den Saħîħ-Werken des Bukhâriyy und des Muslim aufgeführt ist und besagt, dass der Prophet den Hügel as-Safâ wegen der Offenbarung 26:214 - Und warne deine nächsten Angehörigen
- bestiegen habe, dann mehrere einzelne Stämme bei ihrem jeweiligen Namen nannte und jedes Mal gesagt habe „Rettet euch vor dem Feuer!“, und schließlich sogar einzelne Personen wie z.B. seine Tante Safiyyah und seine Tochter Fatima speziell mit diesen Worten angesprochen habe. Im Anschluss daran habe Abû Lahab seine Verwünschung ausgesprochen, worauf die hier besprochene Sura 111 offenbart worden sei.
Trotz dieser Überlieferung ist der Vers 26:214 vermutlich deutlich später als Sure 111 offenbart worden, und zwar aus den folgenden Gründen:
Sure 81 gilt als eine der „ältesten“ Suren des Koran. Auch die Surenchronologie bei Suyûtiyy reiht sie direkt hinter Sure 111 ein. Ebenso zählt Nöldeke sie zu den Suren der frühesten von drei mekkanischen Offenbarungsperioden. Die Sure hier anzusiedeln, wird außerdem durch die authentische Überlieferung Aishas unterstützt, derzufolge vor den Gesetzesoffenbarungen diejenigen offenbart wurden, in denen das Jenseits thematisiert wird:
„Das Früheste, was von ihm herabkam war eine Sure27 vom mufaSSal28, in welcher das Paradies und das Feuer erwähnt wurde, bis als die Menschen zum Islam kamen, (die Offenbarungen über) das Erlaubte und Verbote herabkam.“29
Dass sich Sure 81 im mufaSSal-Teil des Koran befindet, passt zusätzlich zur Aussage Aishas.
Ebenso passt zu der Einordnung von Sure 81 an diese Stelle, dass Mohammed auf dem Berg kurz vor der Offenbarung von Sure 111 sich als „Warner vor einer bevorstehenden Pein“ (nadhîr) vorstellte und im Koran geradezu primär auch als solcher definiert wird. Der nadhîr-Titel kommt im Koran besonders im Zusammenhang mit der „Stunde“, der Endzeitkatastrophe und dem Jüngsten Tag vor. Derweil ist Sure 81 offensichtlich diejenige, die geradezu als Prototyp für diese Art von Alarmierungen geeignet ist.
Ab Vers 16 leitet die Sure einen Abschnitt ein, der aufgrund der Mehrheit seiner Endklänge zu späteren Perioden passt, vom Inhalt her jedoch zu früheren Perioden, weshalb es hier ein guter Kompromiss ist, davon auszugehen, dass die zweite Hälfte von Sure 81 zur Periode 2 gehört. Und zwar ist hier konkret Periode 2a in Betracht zu ziehen, da der Beginn der Verfolgung noch nicht herauszulesen ist (also wohl deutlich vor der Auswanderung nach Abessinien herabgesandt) und Sure 81 von der Länge her nicht zu den Kriterien für Periode 2b passt.