Mit jeder hinzutretenden, den sichtbaren Organisationsgrad eines Textes erhöhenden Eigenschaft verringert sich naturgemäß seine Nachahmlichkeit, so dass, falls irgendwann deutlich die Grenze des menschlich Machbaren überschritten wird, sich die Komposition durch einen Menschen endgültig ausschließen lässt. Dieser Organisationsgrad äußert sich in den kompositionellen Phänomenen des Koran.
Als die Menschheit erstmals mit der koranischen Offenbarung konfrontiert wurde, forderte er sie nicht sofort mit naturwissenschaftlichen Beweisen oder Prophezeiungen heraus, sondern versetzte sie zuerst, zumindest was die arabischsprachigen Völker betraf, als literarisches Mysterium in den Zustand eines fast sprichwörtlichen Schocks. So bewies er seinen übermenschlichen Ursprung allein durch die Unnachahmlichkeit seiner Rhetorik und der ihm innewohnenden sprachlichen Struktur. Dies war für die Einheimischen der Arabischen Halbinsel um so verwirrender, da ihre Epoche den Gipfel arabischer Sprachkunst, vor allem die Poesie betreffend, darstellt und ihre Generation die größten Genies und Experten auf dem Gebiet der hocharabischen Lyrik vorzuweisen hatte.1 Währenddessen war Mohammed , der den Koran empfing, nicht nur ein Analphabet, sondern hatte, wie von seinen Gefährten berichtet wird, kaum Gefühl für den Rhythmus und die Ausgewogenheit eines Gedichtverses, wenn er einen solchen mal rezitierte.
Zur Einsicht in diese Art der Unnachahmlichkeit des Heiligen Koran ist das Beherrschen des Hocharabischen weitgehend notwendig. Doch lässt sich dem nicht-arabischen Leser auf einer gewissermaßen benachbarten Ebene zumindest ein mit dem Literarischen verzahnter Aspekt des koranischen Mysteriums vermitteln.
In vielen Abschnitten des Koran kommen nämlich bei näherer Untersuchung Strukturen (oft in Form von Symmetrien) zum Vorschein, deren Komponenten Vers-, Satz- und Wörtermengen, ja teils sogar die Anzahl von Silben und Buchstaben sowie die natürliche Rezitationsdauer umfassen und bis in den Bereich der Sprechgeschwindigkeit und der Phonetik hineinreichen - und dies, ohne dass der Inhalt an Sinn oder der Text an erhabenem Klang verliert, und bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung eines umfangreichen Reimschemas. Mehr noch: Die Strukturen harmonieren mit dem Inhalt und haben u.a. eine diesen gezielt unterstützende Funktion oder konstituieren zusätzliche subtextuelle Botschaften.
Leider muss hier mit Bedauern angemerkt werden, dass gerade dieser faszinierende Bereich durch die Aktivität von übereifrigen „Wunderentdeckern“ mit von willkürlichen Zurechtlegungen und teils weit hergeholten „Aufdeckungen“ von „Codes“ und zum großen Teil nicht sehr überzeugenden „mathematischen Wundern“ stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Noch bedauernswerter ist natürlich, dass um diese Dinge herum bereits die eine oder andere Sekte entstanden ist.
Wie so oft ist dies darauf zurückzuführen, dass die entsprechenden Personen und Gruppen tatsächlich einen kleinen Teil derartiger Unnachahmlichkeiten im Ehrwürdigen Koran im Ansatz erblickten, sich jedoch nicht mit dem tatsächlich Feststellbaren begnügen konnten und anhand ihrer Phantasie ihren „Entdeckungen“ in unzulässiger Weise nachhalfen.
Doch genau so wenig wie sogenannte Quacksalber das Vertrauen in die Medizin oder gescheiterte Alchemisten das Vertrauen in die Chemiewissenschaften erschüttern dürfen, darf die Schwäche jener Entdeckungen von den tatsächlich feststellbaren kompositionellen Erstaunlichkeiten des Ehrwürdigen Koran ablenken.
Derweil sei zugegeben, dass zwar durchaus in der folgenden Sammlung der extrem hohe Schwierigkeitsgrad der Komposition der jeweiligen Versgruppe sichtbar wird, jedoch die Frage nach dem Kriterium, anhand dessen die Überschreitung der Grenze zur Unnachahmlichkeit der Komposition objektiv festgestellt werden kann, ausgelassen wird. Bis dahin mag man sich damit begnügen, dass bis zum heutigen Tage kein noch so talentierter Mensch eine Versgruppe mit denselben Kompositionseigenschaften bei ähnlicher Erhabenheit und Sinnhaftigkeit der Sprache hervorzubringen imstande war. Falls jemand aber glaubt, dass genau dies geschehen ist, ist eine Benachrichtigung und die Einsendung des entsprechenden Werkes jederzeit willkommen.
Die in diesem Artikel beschriebenen Phänomene sind übrigens relativ neue Entdeckungen und waren höchstwahrscheinlich weder den Überlieferern des Koran allgemein noch den Überlieferern der einzelnen Lesarten bewusst.
Um von Willkürlichkeiten bei der Feststellung von kompositionellen Auffälligkeiten im Koran weit entfernt zu sein, werden der Vorgehensweise folgende Konstanten zugrundegelegt, die bei jeder Kompositionsanalyse einer Sura oder einer Versgruppe Anwendung finden, und von denen nicht abgewichen wird:
Von der redaktionellen - wenn auch nicht von der chronologischen8 - Reihenfolge her, ist die fâtiħah die erste Sura des Koran:
Original-Konsonantenschrift:
Umschrift mit Darstellung der Silbenaufteilung:
(Als Audio: http://www.lichtwort.de/audios/surahs-108-114-and-fatihah.mp3)
Bedeutungen:
Im Namen Gottes, des Barmherzigen Erbarmers: Das Lob gehört Gott, dem Herrn der Welten [1] dem Barmherzigen Erbarmer [2]. Dem König am Tag des Gerichts [3]. Dich beten wir an, und dich bitten wir um Hilfe. [4]. Leite uns die gerade Bahn [5]. Die Bahn derjenigen, denen du Wohltat erwiesen hast [6]. Nicht derer, denen gezürnt wird, und auch nicht der Irrenden [7]
Es ist überliefert, dass der Menschheit seit Beginn der Zeitgeschichte insgesamt 104 Bücher von Gott zukamen.9 Die inhaltliche Essenz von hundert dieser Bücher ist demnach in vier großen, Büchern Gottes der Menschheit enthalten, nämlich in der Thora, dem Psalter, dem Evangelium und dem Ehrwürdigen Koran. Die inhaltliche Essenz von dreien dieser Bücher wiederum ist im Heiligen Koran enthalten, und dessen Essenz wiederum in der ersten Sura, der fâtiħah. Auch ihre Essenz ist an bestimmter Stelle enthalten, nämlich in ihrem vierten Vers.
Bevor wir uns der inhaltlichen Begründung dieser Struktur zuwenden, offenbart eine formale Betrachtung der Sura Erstaunliches: Der vierte Vers liegt mit in Erstaunen versetzender Präzision in der Mitte der Sura und offenbart sich nicht nur thematisch, sondern auch strukturell als Zentralvers:
(Diese Zählung folgt den strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind.)
Die Differenzen bei der Sprechdauer (+2) und den Buchstaben (–2) sind zwar auffällig, sind aber erstens sehr klein, und zweitens heben sie sich gewissermaßen gegenseitig auf, so dass die Zentralität von Vers 4 auch unter den Aspekten der Sprechdauer und der Buchstabenanzahl unberührt bleibt. Interessant ist, dass außerdem bei Anwendung der modernen orthographischen Regeln12 beide Teile in der Buchstabenanzahl exakt gleich groß sind (63 zu 63).
Mit einer Transkription mit lateinischen Buchstaben, in der jeder Konsonant und jeder Vokal je ein Zeichen erhält und nur im Fall von Dehnungen oder Konsonantenverstärkungen zwei Zeichen, lässt sich die Mittigkeit von Vers 4 gut visualisieren, wenn zugleich eine Schriftart mit fixer Breite benutzt wird (hier „Courier New“):
Die Mehrheit der anerkannten Lesarten zugrundegelegt, verschwindet sogar der minimale Überstand:
Auch ohne die natürlichen waqf-Stopps zwischen den Versen bliebe die Übereinstimmung im Umfang erhalten:
Es sollte derweil zur Würdigung dieser atemberaubenden Symmetrie nicht vergessen werden, dass die Form der Sure gleichzeitig eine Reimanordnung enthält, die nicht nur einen Paarreim oder Dreifachreim, sondern einen Sechsfachreim umfasst.
Der formalen Symmetrie folgt die inhaltliche Symmetrie. Wir haben festgestellt, dass die Sura aus drei Teilen besteht: Verse 1-3 bilden den ersten, Vers 4 den mittleren und Verse 5-7 den letzten Teil. Vergleicht man den ersten und den letzten Teil wieder miteinander, diesmal jedoch inhaltlich, so stellt man fest, dass der erste Teil die Lobpreisung und die Verherrlichung Gottes beinhaltet, also Ausdruck der Anbetung und Verehrung ist, während der dritte Teil eine Anrufung Gottes bzw. ein Bittgebet enthält, also Ausdruck der Hilfesuche ist. Insofern liegt hier sogar eine inhaltliche antithetische Symmetrie vor – mit dem ersten Teil lässt sich das Nehmen Gottes repräsentieren, mit dem letzten dagegen das Geben Gottes, bzw. mit dem ersten das Leisten des Knechtes und mit dem zweiten das dem Leisten entgegengesetzte hoffende Verlangen des Knechtes..
Die antithetische Symmetrie besitzt derweil eine weitere Dimension: Im ersten Teil wird außer ein einziges Mal („die Welten“) nur Gott und nichts Erschaffenes erwähnt, im Gegenzug wird im letzten Teil außer ein einziges Mal („du“ in Vers 6) nur Erschaffenes und dafür Gott nicht erwähnt.
Doch damit nicht genug: Genau die erste erwähnte inhaltliche antithetische Symmetrie des Gottesdienstes (Nehmen Gottes) und der Hilfesuche (Geben Gottes) ist - sozusagen im Miniaturformat - im mittleren Vers zu finden, der damit selbst noch einmal aus zwei Teilen besteht: Dich beten wir an13 (Gottesdienst) und Dich bitten wir um Hilfe (Hilfesuche). Und genau dies ist die Essenz der göttlichen Botschaft zu allen Zeiten der Geschichte der Menschheit, nämlich dass das gesamte Handeln des Menschen ausschließlich aus der Anbetung Gottes und der Hilfesuche bei Ihm bestehen muss – und da Letzteres bereits eine Unterart des Gottesdienstes ist14, ahnt man, weshalb die Anbetung (der Gottesdienst) hier die Stellung des Erstgenannten einnimmt.
Genau betrachtet liegt es in greifbarer Nähe, die Essenz des ganzen Verses, der gesamten Sure, ja sogar des ganzen Koran im ersten Wort des Verses konzentriert zu sehen – Iyyâka (Dir, Dich) – als Ausdruck der totalen Bezogenheit auf Gott, während die Essenz dieses Wortes wiederum als in seinem ersten Buchstaben liegend auffassbar ist, im alif 16, einem Symbol für die Einheit, die Einzigkeit und die Absolutheit Gottes, des Hocherhabenen.
Regelrecht auf die Spitze getrieben wird dieselbe eindrucksvolle Komposition sodann dadurch, dass der symbolträchtige Buchstabe alif nicht nur sofort am Anfang des Verses, sondern auch genau in seiner Mitte platziert ist - mit neun vorausgehenden und neun nachfolgenden Buchstaben. Somit liegt dieses alif außerdem auch fast (in der modernen Orthographie ganz) genau in der Mitte der ganzen Sura, mit 68 (72) vorausgehenden und 70 (72) nachfolgenden Buchstaben.
Beachtlich ist auch: Nachdem zu sehen war, dass im ersten Teil außer ein einziges Mal nur Gott und nichts Erschaffenes und im Gegenzug im letzten Teil außer ein einziges Mal nur Erschaffenes und dafür Gott nicht erwähnt wird, erweist sich der Zentralvers (d.h. Vers 4) unter einem neuen Aspekt als Symmetrieachse des Gleichgewichts: Gott wird in ihm zwei Mal (iyyâka) und Erschaffenes ebenfalls genau zwei Mal erwähnt („wir“).
Die genannten kompositionellen Phänomene lassen sich somit wie folgt zusammenfassen:
Man mag einwenden, diese Strukturphänomene hätten den Einbezug der basmalah17 zur Voraussetzung, und diese gehöre ja laut einer Minderheit islamischer Gelehrter nicht zur fâtiħah-Sure. Sie sei zwar von Gott offenbart, doch ihre Platzierung an den Anfang der Sure in den frühen Abschriften sei eine fromme Entscheidung der Gefährten des Propheten gewesen, wie eine Empfehlung an jeden Leser der Manuskripte, er möge zur Erlangung des Segens vor dem Lesen jeder Sura die basmalah sprechen. Außerdem sei sie auch als Trennungsmerkmal zwischen den einzelnen Suren beabsichtigt gewesen. Wie dem auch sei: Die Mehrheit der Gelehrten - ohne dass ihnen das Strukturphänomen bewusst ist - sieht sie als integralen Bestandteil der Sura. Die Divergenz dieser Auffassungen ist möglicherweise auch eine Folge der sowohl unbewussten als auch fälschlichen Betrachtung des Koran als Ansammlung materieller Objekte, wiewohl klar ist, dass er ideeller Natur ist und nicht zum Geschöpf erklärt werden kann. Darum spricht nichts dagegen, die basmalah als Bestandteil und zugleich nicht als Bestandteil der Sura anzusehen. D.h. man kann sie als (hinsichtlich des eschatologischen Nutzens?) zu einem gewissen Grad verzichtbaren Bestandteil betrachten, etwa wie die Haare des Menschen als ein Bestandteil von ihm angesehen werden können und man zugleich nicht der Meinung sein muss, ihm fehle etwas, wenn sie abrasiert sind. Verhält es sich nicht z.B. bei den Vers-Endungen ähnlich (auch wenn die basmalah sicherlich ein höheres Gewicht als diese Endungen hat)? Diese müssen ja nicht notwendig mitrezitiert werden, statt „al-qâri'atu, ma l-qâri'atu...“ kann es auch heißen: „al-qâri'ah, ma l-qâri'ah“ heißen. Gleich, wie man rezitiert, wäre niemand der Meinung, etwas Wesentliches sei hinzugekommen oder weggelassen worden.
Dies lässt die Frage aufkommen, wenn dem so sei, was mit der Struktur der fâtiħah-Sure geschieht, wenn die basmalah aus ihr entfernt wird. Das Ergebnis scheint nahezu verheerend: Die Symmetrie löst sich weitgehend auf18 und es kann keine belastbare neue Symmetrie von ähnlicher Imposanz festgestellt werden - auch dann nicht, wenn der 19-buchstabige Zentralvers für die Buchstabenanzahl an die Stelle der 19-buchstabigen basmalah rückt, um aus den Versen 1 bis 4 die erste und aus dem Rest die zweite Hälfte zu machen. Dies zeigt, wie empfindlich die Struktur ist und untermauert die Feststellung, dass die Herstellung einer solchen Struktur keine Trivialität ist, die sich automatisch aus wenigen Faktoren (wie z.B. der bloßen Buchstabenanzahl oder der bloßen Wörterzahl) ergibt. Ebenso kann dies als Hinweis verstanden werden, dass der Mehrheit der Gelehrten (welchen diese Struktur dem Anschein nach übrigens unbekannt war) bezüglich der Integralität der basmalah der Vorzug zu geben ist.
Andererseits lässt sich nach der Weglassung das Entstehen einer zumindest näherungsweisen neuen Symmetrie (Verse 1 bis 4 und Verse 5 bis 7) dennoch nicht ganz leugnen, angesichts von 14 zu 13 Wörtern und 59 zu 61 Buchstaben. Mehr noch: Auch diese strukturelle Aufteilung in zwei Hälften harmoniert mit der sprachlichen Ebene, denn die erste Hälfte ist deskriptiv formuliert und einschließlich Vers 4 als Preisung Gottes ohne Bittgebet auffassbar, während die zweite einen vom grammatischen Imperativ geprägten Satz und somit ein reines Bittgebet ohne Preisung darstellt. Es liegt nicht nur somit nahe, dass diese die Hauptsymmetrie überlagernde Symmetrie beabsichtigt ist, sondern auch ihre geringere Imposanz würde nicht einer gewissen Weisheit entbehren, zumal nur die erste Struktur dem Prinzip der Vereinzigung eindeutig zuarbeitet.
Dass dieser Zwei-Hälften-Aufbau beabsichtigt ist, bestätigt sich angesichts eines als authentisch eingestuften Prophetenausspruchs aus dem Saħîħ-Werk Muslims (überliefert von Abû Hurayrah; Hervorh. nachtr.):
Möglicherweise birgt diese Aufteilung aber doch mehr ästhetische und kompositionelle Besonderheiten, die sich zu Erstaunlichkeiten akkumulieren möchten, als auf dem ersten und zweiten Blick der Fall zu sein schien. Beispielsweise lässt sich feststellen, dass in beiden Hälften das jeweils erste und letzte Wort (ħamd & nasta'în bzw. ihdinâ und Dâllîn) einander nicht nur texträumlich, sondern auch bedeutungsmäßig gegenüberliegen. Immerhin ist „Lob“ (ħamd) ein Bezug auf in der Vergangenheit erfolgte Wohltaten, dem das Bitten um Hilfe als Bezug auf erhoffterweise in der Zukunft erfolgende Wohltaten gegenüberliegt (nasta'în). Noch klarer und keiner besonderen Erläuterung bedürftig ist das einander gegenüberliegende Begriffspaar der zweiten Hälfte, nämlich das Begriffspaar der „Rechtleitung“ und der „Verirrung“.
Die ikhlâS-Sure (Sura Nr. 112) ist, wie bereits am Inhalt zu sehen ist und authentische Aussagen des Propheten schließen lassen, nach der fâtiħah die wichtigste Sure des Koran und besticht bereits durch ihre literarische Schönheit. Der Überlieferung zufolge wurde sie als Antwort auf die Frage kritischer Fragesteller offenbart, die vom Gesandten eine Beschreibung seines Herrn, den er anbetete, forderten. Als an den Götzendienst gewöhnte Menschen wollten sie z.B. wissen, ob Er aus Gold, Silber, Holz oder dergleichen bestehe. Als Antwort lesen wir bis zum heutigen Tage:
Original-Konsonantenschrift:
Umschrift mit Darstellung der Silbenaufteilung:
(Als Audio: http://www.lichtwort.de/audios/surah-112.mp3)
Bedeutungen:
Im Namen Gottes, des Barmherzigen Erbarmers: Sag, dass Er, Gott, Einer ist [1] - Gott, der der Konstante ist [2]. Der nicht gebar und nicht geboren ist [3]. Und dem gleichend niemand ist [4].19
Das kompositionelle Element, das vermutlich als Erstes ins Auge springt, ist der Gleichklang der Versendungen, der sich in einem Vierfachreim (-ad-Endung) äußert. Ein derartiger Gleichklang alleine kann sicherlich nicht als Erstaunlichkeit betrachtet werden, doch in Kombination mit den weiteren Kompositionseigenschaften stellt er natürlich eine erhebliche Steigerung der kompositionellen Höhe dar.
Bei der folgenden Betrachtung bleiben die eigentlichen rhetorischen Besonderheiten, die Phonetik, die inhaltliche Weisheit und weitere Dinge wohlgemerkt unbeachtet, obwohl auch diese Dinge zur Erhöhung der Herausforderung beitragen. Stattdessen beschränkt sie sich auf ein Phänomen dieser Sura, das bisher in keinem der bekannten Werke der Koranexegese erwähnt wurde: Die ikhlâS-Sura ist auf geradezu spektakuläre Weise von der Zahl Drei und ihrer Vielfachen geprägt.
In einem Zusammenhang mit der Zahl Drei und ihrer Vielfachen zu stehen, mag im ersten Augenblick nichts Besonderes sein, da diese ein Drittel der natürlichen Zahlen ausmachen. Doch spätestens die Dichte, in welcher sie in dieser Sura auftauchen, macht stutzig, nicht zuletzt weil durch ihre vier (nach einer selteneren Einteilung fünf) Verse zunächst nichts auf ihre Dreiercodierung hindeutet. Immerhin wirkt diese Anzahl der Verse wie eine seidene Decke, um das, was sich unter ihr an kompositioneller Erstaunlichkeit verbirgt, nicht auf den ersten Blick sichtbar sein zu lassen. Dies für sich hat bereits etwas Indikatorisches, ist hiermit die Sura doch, anders als es menschliches Verhalten erwarten ließe, weit davon entfernt, mit ihrer besonderen Komposition explizit „hausieren“ zu gehen. Eine solche Gelassenheit kommt am ehesten jemandem zu, der sich nicht sorgt, eine solch bemerkenswerte und umfangreiche Besonderheit seines Werkes könnte unentdeckt bleiben, und dem es nichts ausmacht, wenn sie erst nach weit mehr als einem Jahrtausend entdeckt werden sollte.
Bei einer näheren Untersuchung (nach den weiter oben auf Seite 3 erklärten Grundlagen und Prinzipien) erweist sich nämlich:
(Diese Zählung folgt den strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind.)
Dieses Phänomen durchzieht offenbar nahtlos alle wichtigen kompositionellen Ebenen der Sura, mit der Verseinteilung als einzige Ausnahme. Da dies in etwa damit zu vergleichen ist, dass 10 bis 15 Würfel30 mit demselben Wurf allesamt jeweils entweder eine Drei oder eine Sechs ergeben, liegt die Wahrscheinlichkeit des unabsichtlichen bzw. zufälligen Zustandekommens eines solchen Phänomens deutlich unter 1 %.
Die Position der Sura im Verhältnis zu den anderen Suren wird ebenfalls durch eine Dreiercodierung festgelegt:
(Diese Zählung folgt den strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind.)
Desweiteren - falls für den vorliegenden Zweck von Belang - ist die Sura auch unter den folgenden Aspekten mit der Zahl Drei verbunden: Die Summe der thematisch wichtigsten Nomina beträgt Drei, nämlich die Namen bzw. Attribute Gottes „Gott“, „Einer“ und „der Absolute“. Die Summe aller Stellen, an denen der Name „Gott“ (الله) vorkommt, beträgt Drei. Die Summe aller expliziten Verneinungen beträgt Drei (und alle haben das Wort lam als Verneinungspartikel). Die Summe aller expliziten Affirmationen beträgt Drei. Die Sura wirkt inhaltlich wie eine bewusste Antithese zur Dreieinigkeitslehre und verkündet eine Eineinigkeitslehre. Besonders bemerkenswert ist, dass der Gesandte Gottes sie als gleichwertig mit einem Drittel des Koran bezeichnete.34
Die ersten koranischen Worte, die Mohammed empfing, sind die ersten fünf Verse der 'alaq-Sure (Nr. 96) ohne basmalah35.
Dass die Offenbarung ohne basmalah erfolgte, sieht man an der Şaħîħ-Überlieferung Aishas im Şaħîħ-Werk Bukhâriyys: „[…] Ich sagte: ‚Ich bin kein Leser.’ Da ergriff [der Engel] mich zum dritten Mal und tauchte mich [in sich oder seine Flügel] ein, bis ich nicht mehr konnte. Dann ließ er mich los und sagte: ‚Lies im Namen deines Herrn, der erschaffen hat’, bis er ankam bei: ‚Der den Menschen lehrte, was er nicht wusste.’“36
Original-Konsonantenschrift:
Umschrift mit Darstellung der Silbenaufteilung:
Bedeutungen:
Vers 3 befindet sich unter den folgenden Aspekten, besonders unter dem wohl ausschlagenden Aspekt der Sprechdauer, im maximalen Zentrum der Versgruppe:
(Diese Zählung folgt den strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind.)
Mit einer Transkription mit lateinischen Buchstaben, in der jeder Konsonant und jeder Vokal je ein Zeichen erhält und nur im Fall von Dehnungen oder Konsonantenverstärkungen zwei Zeichen, lässt sich die Mittigkeit von Vers 3 gut visualisieren, wenn zugleich eine Schriftart mit fixer Breite benutzt wird (hier „Courier New“):
Diese zentralistische Struktur wird von einer zweiten Struktur überlagert, welche die Gruppe in die zwei ersten und die drei letzten Verse und somit in einen oberen und einen unteren Teil wie zwei „Untersuren“ aufteilt:
Ist die Mannigfaltigkeit und Dichte der Wege, durch welche diese zweite Strukturschicht erzeugt wird, bereits verwunderlich genug, tritt nun noch zusätzlich hinzu, dass diese Struktur mit der inhaltlichen Ebene korrespondiert: Der obere Teil mit seiner härteren Phonetik thematisiert inhaltlich die Physis des Menschen und somit eine Art „Hardware“, während der untere Teil mit seiner milderen Phonetik Wissen und Information und somit eine Art „Software“ in den Fokus rückt.
Dass der „Software“ hier im umfangreicheren der beiden Abschnitte vorzukommen vorbehalten ist, wirkt wie eine subtile Botschaft, die ihrem teleologisch höheren Rang gegenüber der „Hardware“, dem höheren Rang des Geistigen gegenüber dem Körperlichen, Ausdruck verleiht. Mit der Rolle des Körperlichen als ontologische Voraussetzung des Geistigen harmoniert wiederum, dass der obere Abschnitt dem unteren vorausgeht.
Bei der folgenden Betrachtung bleiben die eigentlichen rhetorischen Besonderheiten, die Phonetik, die inhaltliche Weisheit und weitere Dinge wohlgemerkt unbeachtet, obwohl auch diese Dinge zur Erhöhung der Herausforderung beitragen. Stattdessen beschränkt sie sich auf ein Phänomen dieser Sura, das bisher in keinem der klassischen Werke der Koranexegese erwähnt wurde: Die 'alaq-Sura ist nämlich auf beeindruckende Weise von der Zahl Neunzehn und ihrer Vielfachen geprägt.
(Diese Zählung folgt den strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind.)
Nach der Feststellung des Zusammenhangs zwischen von Index, Komplimentärindex, Versanzahl und Buchstabenanzahl bei den vorangegangenen Suren lag die Vermutung nahe, dass sich das Phänomen bei einer Sure, deren Index ebenfalls ein glattes Vielfaches ihres Komplimentärindexes darstellt, wiederholen könnte. Sofort bei der ersten derartigen Sura wurde der Schreiber dieser Zeilen fündig: Die kâfirûn-Sura ist auf beeindruckende Weise von der Zahl Sechs und ihrer Vielfachen geprägt. Bei der folgenden Betrachtung bleiben die eigentlichen rhetorischen Besonderheiten, die Phonetik, die inhaltliche Weisheit und weitere Dinge wohlgemerkt unbeachtet, obwohl auch diese Dinge zur Erhöhung der Herausforderung beitragen.
(Diese Zählung folgt den strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind.)
Auch die kâfirûn Sure besitzt eine herausragende Stellung, zum Einen erkennbar am Inhalt, der sich auf die wichtigste koranische Lehre – die Vereinzigung in der Anbetung – beschränkt, und zum Anderen erkennbar an Aussagen und Verhaltensweisen des Gesandten , der diese in der Morgendämmerung im Gebet oft zusammen mit der hochwichtigen ikhlâS-Sure rezitierte (verteilt auf zwei Verneigungseinheiten)43 und laut einer anderen authentischen Überlieferung zu einem Gefährten sagte: „Lies qul yâ ayyuha l-kâfirûn, denn sie ist eine Lossagung von der Beigesellung44.“ Nach einer weiteren relativ gut verbürgten45 Überlieferung bezeichnete er die Sura als ein „Viertel des Koran“ aufwiegend.
Eine Verwandtschaft zur ikhlâS-Sure ist kaum abstreitbar, sie hat mit ihr thematische, strukturelle und phonetische Gemeinsamkeiten (Vereinzigungsthematik, Beginn mit qul und dâl-Färbung). Die Verbundenheit der beiden Suren wird außerdem nicht nur im obengenannten Usus des Gesandten Gottes zusätzlich sichtbar, sondern auch daran, dass sie sich den Namen al-muqashqishah („die Aufpäppelnde“ oder „die Kurierende“) teilen. Darum ist es bemerkenswert, dass es ausgerechnet die Zahl Sechs ist, von welcher die Sura geprägt wird, zumal dies aufgrund der Teilbarkeit ja bedeutet, dass sie zugleich auch von der Zahl Drei, der Prägezahl der ikhlâS-Sure, geprägt ist.
Eine der zwei übrigen Suren, deren Index ein genaues Vielfaches seines Komplimentärindexes darstellt, ist die mursalât-Sure (Sure Nr. 77). Nach den Erfahrungen mit den 'alaq-, kâfirûn und ikhlâS-Suren wäre nun eigentlich zu erwarten, dass hier ebenfalls die Buchstaben- oder Versanzahl genaue Vielfache des Komplimentärindexes (38) darstellt. Hier wird man zunächst scheinbar enttäuscht – die Sure hat 50 statt 38 Verse, und weder Buchstaben- noch Silbensumme ergeben exakte Vielfache von 38, egal ob nur die ersten 38 Verse betrachtet werden oder die ganze Sure..
Doch eines fällt bei genauerem Hinsehen auf: Die Summen kommen exakten Vielfachen so nahe, dass dies angesichts der mit der Größe der Zahl 38 verbundenen Unwahrscheinlichkeit, dass auf ihrer Grundlage wie bei den anderen Suren gesehene Phänomene aus reinem Zufall auftauchen, eine Notiz wert ist:
Bzgl. der ersten 38 Verse:
(Diese Zählung folgt den strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind.)
Bzgl . der ganzen Sure (50 Verse, 202 Wörter, ohne Schwur-wa 201 Wörter):
(Diese Zählung folgt den strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind.)
Sehr bemerkenswert ist, dass offensichtlich egal, ob wegen des Komplimentärindexes 38 nur die ersten 38 Verse oder die gesamte Sure betrachtet wird – in beiden Fällen ergeben sich sowohl bei den Silben als auch bei den Buchstaben jeweils fast die passenden Summen. Trotz dieses „fast“ erhöht sich der Eindruck der Erstaunlichkeit im Hinblick darauf, dass zum einen schon zuvor drei Suren derartige Phänomene aufwiesen (wenn auch mit exakteren Ergebnissen) und zum anderen der Wert 38 im Vergleich zu den Teilerkonstanten der vorangegangenen Suren so groß ist, dass selbst die nur nahezu richtigen Summen in dieser Vielzahl auffällig sind. Die Abweichungen von 1 bis maximal 4 Silben oder Buchstaben sind mit rund 3 bis 11 % relativ klein.
Was ist der Grund dafür, dass die Summen diesmal nur fast in die Schablone der Vielfachen passen? Eine mögliche Antwort wäre, dass eventuell die Kriterien in den „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ (s.o.) unvollständig sind oder verfeinert werden müssen:
Die ebengenannten Punkte könnten dazu führen, dass die Auffälligkeiten folgendermaßen aufgelistet werden können (die Aufteilung in 1. und 2. Anzahl bezieht sich auf die getrennte Betrachtung der ersten 38 Verse und der Sure als Ganzes):
Falls hier dennoch eine leichte Ungenauigkeit beabsichtigt sein sollte, gibt es einen anderen möglichen Grund dafür, nämlich dass hierdurch die anderen Suren bzw. Versgruppen, bei denen Exaktheit festgestellt werden konnte, in ihrem Rang hervorgehoben und geehrt werden sollen. Faszinierenderweise scheint die Anordnung der bisherigen Suren und der nächsten Sure nach dem Grad ihrer kompositionellen Erstaunlichkeit tatsächlich in etwa ihrer Anordnung nach dem Rang bzw. der Berühmtheit, den die jeweilige Sure im Islam genießt, zu entsprechen (1. fâtiħah, 2. ikhlâS, 3. 'alaq, 4. kâfirûn, 5. mursalât/mujâdalah).
Die einzige weitere Sure, deren Komplimentärindex ein (hier unechtes, wenn auch glattes) Vielfaches seines Realindexes darstellt, ist die mujâdalah-Sure (Sure Nr. 58). Da sie nur 22 Verse umfasst, wäre zu prüfen, ob sich das Phänomen bei Anhängung der Verse der darauffolgenden Suren bis zur Erreichung von einer Anzahl von Versen, die dem Komplimentärindex entspricht, wiederholt. Dadurch „entstehen“ drei basmalahs. Zwei davon scheint beizubehalten nicht sinnvoll, da die Verse nicht als drei Suren, sondern als zusammenhängender Abschnitt behandelt werden sollen.
Ergebnis:
(Diese Zählung folgt den strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind.)
Bemerkenswert ist, dass diese Konstellation im Prinzip derjenigen entspricht, die für die kâfirûn-Sure entdeckt wurde, dort für die Zahl 6. Besonders ist daran beachtlich, dass aufgrund der Tatsache, dass 57 bisher die größte Teilerbasis überhaupt ist, es somit für diese Zahl auch am unwahrscheinlichsten ist, dass die Buchstabenanzahl in genau 57 Versen zufällig exakt ein glattes Vielfaches von ihr ergibt und dennoch genau dies festgestellt wurde.
Über die Jünglinge, die um der Vereinzigung Gottes willen ihr beigesellerisches Volk verließen, in einer Höhle Zuflucht nahmen und dort Jahrhunderte bewusstlos verbrachten, heißt es in der kahf-Sure: Und sie verweilten in ihrer Höhle dreihundert an Jahren, und noch neun weitere
55. Recht auffällig ist nicht nur die bemerkenswerte Ungeradheit der Zahl, sondern außerdem die auch für den Koran ungewöhnliche sprachliche Trennung der neun von den 300 Jahren.56 Das durch diese Auffälligkeit zu Tage geförderte Faszinosum, dass 300 Jahre des Sonnenkalenders umgerechnet 309 Jahre des Mondkalenders ergeben, ist schon seit Längerem bekannt. Bisher aber hielt der Autor dieser Zeilen dieses interessante Faktum nicht für schwerwiegend genug, um in den indikatorischen Erstaunlichkeiten des Ehrwürdigen Koran eine nennenswerte Rolle zu spielen - ohne auszuschließen, dass hier das Hervorblitzen einer tieferliegenden, größeren Erstaunlichkeit vorliegen könnte.
Dann jedoch gesellte sich zu dieser Auffälligkeit eine Beobachtung hinzu, von welcher der syrische Privatkoranforscher Abduldaem Al-Kaheel in einem Vortrag berichtete: Ich betrachtete diese Sura [...] am Ende dieser Geschichte heißt es { Und sie verweilten in ihrer Höhle dreihundert an Jahren, und noch neun weitere. Sag: Gott weiß am besten, wie lange sie verweilten }, und die Geschichte endet hier bei ‚verweilten’ (labithû).
. Dieses labithû sei aber schon zu Beginn der Geschichte aufgetreten (18:12). Ich sagte mir: Herrliche Erhabenheit Gottes! Die Geschichte beginnt mit labithû und endet mit labithû. Wieviel Wörter also befinden sich (zwischen den beiden)? Und da war die Überraschung: Ich zählte die Wörter der Geschichte vom ersten bis zum zweiten labithû - die Zahl betrug 309, wie die Zahl der Jahre.
. Außerdem habe sich während des Zählens herausgestellt, dass an der Stelle dreihundert
die Anzahl der Wörter genau 300 beträgt.
Eine Nachprüfung der Angaben Al-Kaheels hat ergeben, dass tatsächlich die Zahl 309 herauskommt, und dass er sich offenbar auch an die strengen Kriterien, wie sie weiter oben im Kapitel „Grundlagen der Kompositionsanalyse“ dargelegt sind, gehalten hat (besonders hinsichtlich der Zählung des و-Partikelworts). Die Vorgehensweise Al-Kaheels hat allerdings die Schwäche, dass er das erste labithû zum Beginn und das letzte labithû zum Ende der Erzählung erklärt und in dieser Beginnfunktion den Hintergrund des Phänomens sieht. Diese willkürliche Festlegung hält einer einfachen Überprüfung des arabischen Originals vielleicht hinsichtlich des letzten labithû, nicht aber hinsichtlich des ersten labithû stand. Dafür aber lässt sich eine subtextuelle Mitteilung als Hintergrund ansehen, denn die Kombination „labithû 309“ lautet übersetzt: „Sie verweilten 309 (Jahre).“ So würde sich auch erklären, warum sich erst dann 309 Wörter ergeben, wenn man eines der beiden äußeren labithû-Vorkommnisse nicht mitzählt (weil sich sonst eine rekursive Struktur ergäbe).57
Zum Nachzählen:
أمدا - نحن - نقص - عليك - نبأهم - بالحق - إنهم - فتية - آمنوا - بربهم - و - زدناهم - هدى - و - ربطنا - على - قلوبهم - إذ - قاموا - فقالوا - ربنا - رب - السماوات - و - الأرض - لن - ندعو - من - دونه - إلها - لقد - قلنا - إذا - شططا - هؤلاء - قومنا - اتخذوا - من - دونه - آلهة - لولا - يأتون - عليهم - بسلطان - بين - فمن - أظلم - مـ(ـن) - من - افترى - على - الله - كذبا - و - إذ - اعتزلتموهم - و - ما - يعبدون - إلا - الله - فأووا - إلى - الكهف - ينشر - لكم - ربكم - من - رحمته - و - يهيئ - لكم - من - أمركم - مرفقا - و - ترى - الشمس - إذا - طلعت - تزاور - عن - كهفهم - ذات - اليمين - و - إذا - غربت - تقرضهم - ذات - الشمال - و - هم - في - فجوة - منه - ذلك - من - آيات - الله - من - يهد - الله - فهو - المهتدي - و - من - يضلل - فلن - تجد - له - وليا - مرشدا - و - تحسبهم - أيقاظا - و - هم - رقود - و - نقلبهم - ذات - اليمين - و - ذات - الشمال - و - كلبهم - باسط - ذراعيه - بالوصيد - لو - اطلعت - عليهم - لوليت - منهم - فرارا - و - لملئت - منهم - رعبا - و - كذلك - بعثناهم - ليتساءلوا - بينهم - قال - قائل - منهم - كم - لبثتم - قالوا - لبثنا - يوما - أو - بعض - يوم - قالوا - ربكم - أعلم - بما - لبثتم - فابعثوا - أحدكم - بورقكم - هذه - إلى - المدينة - فلينظر - أيها - أزكى - طعاما - فليأتكم - برزق - منه - و - ليتلطف - و - لا - يشعرن - بكم - أحدا - إنهم - إن - يظهروا - عليكم - يرجموكم - أو - يعيدوكم - في - ملتهم - و - لن - تفلحوا - إذا - أبدا - و - كذلك - أعثرنا - عليهم - ليعلموا - أن - وعد - الله - حق - و - أن - الساعة - لا - ريب - فيها - إذ - يتنازعون - بينهم - أمرهم - فقالوا - ابنوا - عليهم - بنيانا - ربهم - أعلم - بهم - قال - الذين - غلبوا - على - أمرهم - لنتخذن - عليهم - مسجدا - سيقولون - ثلاثة - رابعهم - كلبهم - و - يقولون - خمسة - سادسهم - كلبهم - رجما - بالغيب - و - يقولون - سبعة - و - ثامنهم - كلبهم - قل - ربي - أعلم - بعدتهم - ما - يعلمهم - إلا - قليل - فلا - تمار - فيهم - إلا - مراء - ظاهرا - و - لا - تستفت - فيهم - منهم - أحدا - و - لا - تقولن - لشيء - إني - فاعل - ذلك - غدا - إلا - أن - يشاء - الله - و - اذكر - ربك - إذا - نسيت - و - قل - عسى - أن - يهدين - ربي - لأقرب - من - هذا - رشدا - و - لبثوا - في - كهفهم - ثلاث - مائة - سنين - و - ازدادوا - تسعا - قل - الله - أعلم - بما - لبثوا
Das Wort مائة ([drei-]„hundert“) befindet sich durchaus genau auf der Stelle 300.
Was aber, wenn man - von der Entdeckung Al-Kaheels inspiriert - vom wirklichen Beginn der Erzählung an zählt (Vers 10; typischerweise beginnen koranische Erzählungen mit إذ), und zwar ausschließlich die Wörter derjenigen Verse, in denen die Geschichte erzählt wird, d.h. unter Ausschluss der Verse 23 und 24, da sie offensichtlich bloße Einschübe darstellen, und unter Ausschluss des epilogischen Verses 26, der zu flüchtig auf die Geschichte Bezug nimmt und diese nicht mehr erzählt?
Es ergeben sich - ob man es glaubt oder nicht - ebenfalls exakt 309 Wörter.
إذ - أوى - الفتية - إلى - الكهف - فقالوا - ربنا - آتنا - من - لدنك - رحمة - و - هيئ - لنا - من - أمرنا - رشدا - فضربنا - على - آذانهم - في - الكهف - سنين - عددا - ثم - بعثناهم - لنعلم - أي - الحزبين - أحصى - لما - لبثوا - أمدا - نحن - نقص - عليك - نبأهم - بالحق - إنهم - فتية - آمنوا - بربهم - و - زدناهم - هدى - و - ربطنا - على - قلوبهم - إذ - قاموا - فقالوا - ربنا - رب - السماوات - و - الأرض - لن - ندعو - من - دونه - إلها - لقد - قلنا - إذا - شططا - هؤلاء - قومنا - اتخذوا - من - دونه - آلهة - لولا - يأتون - عليهم - بسلطان - بين - فمن - أظلم - مـ(ـن) - من - افترى - على - الله - كذبا - و - إذ - اعتزلتموهم - و - ما - يعبدون - إلا - الله - فأووا - إلى - الكهف - ينشر - لكم - ربكم - من - رحمته - و - يهيئ - لكم - من - أمركم - مرفقا - و - ترى - الشمس - إذا - طلعت - تزاور - عن - كهفهم - ذات - اليمين - و - إذا - غربت - تقرضهم - ذات - الشمال - و - هم - في - فجوة - منه - ذلك - من - آيات - الله - من - يهد - الله - فهو - المهتدي - و - من - يضلل - فلن - تجد - له - وليا - مرشدا - و - تحسبهم - أيقاظا - و - هم - رقود - و - نقلبهم - ذات - اليمين - و - ذات - الشمال - و - كلبهم - باسط - ذراعيه - بالوصيد - لو - اطلعت - عليهم - لوليت - منهم - فرارا - و - لملئت - منهم - رعبا - و - كذلك - بعثناهم - ليتساءلوا - بينهم - قال - قائل - منهم - كم - لبثتم - قالوا - لبثنا - يوما - أو - بعض - يوم - قالوا - ربكم - أعلم - بما - لبثتم - فابعثوا - أحدكم - بورقكم - هذه - إلى - المدينة - فلينظر - أيها - أزكى - طعاما - فليأتكم - برزق - منه - و - ليتلطف - و - لا - يشعرن - بكم - أحدا - إنهم - إن - يظهروا - عليكم - يرجموكم - أو - يعيدوكم - في - ملتهم - و - لن - تفلحوا - إذا - أبدا - و - كذلك - أعثرنا - عليهم - ليعلموا - أن - وعد - الله - حق - و - أن - الساعة - لا - ريب - فيها - إذ - يتنازعون - بينهم - أمرهم - فقالوا - ابنوا - عليهم - بنيانا - ربهم - أعلم - بهم - قال - الذين - غلبوا - على - أمرهم - لنتخذن - عليهم - مسجدا - سيقولون - ثلاثة - رابعهم - كلبهم - و - يقولون - خمسة - سادسهم - كلبهم - رجما - بالغيب - و - يقولون - سبعة - و - ثامنهم - كلبهم - قل - ربي - أعلم - بعدتهم - ما - يعلمهم - إلا - قليل - فلا - تمار - فيهم - إلا - مراء - ظاهرا - و - لا - تستفت - فيهم - منهم - أحدا - و - لبثوا - في - كهفهم - ثلاث - مائة - سنين - و - ازدادوا - تسعا
Der abschließende Teil „لبثوا في كهفهم ثلاث مائة سنين و ازدادوا تسعا“ bedeutet: sie verweilten in ihrer Höhle dreihundert an Jahren, und noch neun weitere
. Er besteht aus neun Wörtern, denen 300 Wörter vorausgehen.
Ein ähnliches Phänomen wie das der Zahl der Jahre in der kahf-Sure finden wir in der Sâd-Sure. Die in ihr an prominenter Stelle vorkommende Geschichte zu der Situation zwischen David und zweier Streitparteien dreht sich insbesondere um 100 Auen (Mutterschafe), d.h. 99 Schafe eines Mannes und ein weiteres Schaf, das seinem Bruder gehörte und er ebenfalls haben wollte, um insgesamt 100 Schafe seinen Besitz nennen zu dürfen.
Die Nennung konkreter Zahlen im Koran ist immer etwas Besonderes, da er relativ sparsam mit Zahlenangaben ist (demgegenüber die Bibel kein Problem mit langen Listen zu Personen und der Angabe des Alters eines jeden von ihnen hat). Um so bemerkenswerter ist es, dass Al-Kaheel ohne von den Zählkriterien abgewichen zu sein (s.o.) korrekt angibt, dass die Anzahl der Wörter in den Versen dieser Geschichte (21-25) exakt 100 beträgt, in Übereinstimmung mit der Anzahl der darin erwähnten Auen. Dass er Vers 26 nicht mitzählt, ist berechtigt, obwohl David darin erwähnt wird, sofern die darin enthaltene Direktive an David nicht zu der Geschichte gehört. In der Tat erscheint sie von ihr weitgehend unabhängig.
Diese Sura (Nr. 54) enthält als Schwerpunkt die Erinnerungen an die Schicksale von fünf Völkern der Vergangenheit, dementsprechend besteht er aus fünf Erinnerungen, und zwar an das Volk Noahs, das Aad-Volk, die Thamudäer, das Volk Lots und die Sippschaft des Pharaos, dem Moses (s) gegenüberstand. Beim (besonders dem akustischen) Erleben der mittleren, also der dritten der fünf Erinnerungen ist im Vergleich zu den übrigen die Spannung am stärksten spürbar. Dies und der Eindruck, dass wir es hier mit einer besonderen Stelle der Sure zu tun haben, wird von den folgenden Faktoren genährt:
Morgen werden sie wissen...).
Für jemanden, der vorab zur Kenntnis des Koran als Werk der Strukturen gelangt ist, liegt es nun direkt nahe, dass sich diese Besonderheit des zählerisch ausgerechnet mittleren der fünf Erinnerungsabschnitte, obwohl sie alle unterschiedlicher Länge sind, irgendwie in der Gesamtstruktur der Sura niederschlägt. Tatsächlich lässt sich durch Abzählung der Verse feststellen, dass der Thamûd-Abschnitt mit seinem höchsten Spannungsbogen nicht nur hinsichtlich der Anzahl der Erinnerungen an konkrete Völker in der Mitte liegt, sondern auch hinsichtlich der Anzahl der Verse: Vor ihm liegen in der ganzen Sura 22 Verse, nach ihm immerhin 23 Verse.
Beschränken wir den betrachteten Gesamtbereich auf die Abschnitte, die sich konkret auf diese fünf Völker beziehen (54:9-46), ohne Folgeverse abzutrennen, die syntaktisch (Vers 44) und logisch (Verse 45-46 mittels 44) angebunden sind, zeigt sich die Mittigkeit noch deutlicher: Dem Abschnitt gehen in diesem Bereich 14 Verse voraus, ihm folgen 14 Verse.
In Vers 31 mit seiner konkreten Mitteilung über die Zerstörung der Thamudäer und die Art ihrer Vernichtung kulminiert die Thamûd-Geschichte, was mit der außergewöhnlichen Anordnung der beiden Refrainverse harmoniert, denn indem sie ihn einschließen, umrahmen sie ihn regelrecht und heben ihn hierdurch strukturell hervor. In einem gewissen Sinne ist Vers 31 aber auch der Höhepunkt aller fünf Geschichten der qamar-Sure, denn er erlaubt einen Blick auf die erstaunlichste, machtvollste und unentrinnbarste aller in der Sura erwähnten Vernichtungsweisen, zumal sie unter ihnen die einzige freie von jeglicher Allmählichkeit zu sein scheint (Es war nur ein Schrei...
).
Besonders faszinierend ist vor diesem Hintergrund die folgende Betrachtung: In dem Bereich der Sure, welcher im Großen und Ganzen dem Thema der Vernichtung aufsässiger Völker der Vergangenheit allgemein gewidmet ist, nämlich in dem von Vers 9 bis 53 (also der ganzen Sura abzüglich Einleitungs- und Anhangverse), bildet hinsichtlich der Versanzahl dieser Vers 31, der die Zerstörung der Thamudäer konkret erwähnt, die genaue Mitte des Bereichs: Vor ihm liegen in dem Bereich 22 Verse, und nach ihm genau 22 Verse.
Sag: Gott weiß am besten, wie lange sie verweiltenman so verstehen könne, als sage er, ohnehin kein Mensch könne die Anzahl der Jahre wissen. - Diese Ansicht ist aus verschiedenen Gründen abwegig, zumal die Gesamttextstruktur dagegen spricht: