Erbgesetze

Beim Erbgesetz schreibt der Koran (4:11, 4:12, 4:176) für jeden direkten Familienangehörigen und Ehepartner des Verstorbenen bestimmte, teils unterschiedlich große Anteile vor (Hälften, Zweidrittel, Drittel, Viertel, Sechstel, Achtel). Es kommt jedoch vor, dass nach der Verteilung des Erbes nach diesen Vorschriften ein Resterbe übrig bleibt, so dass unklar ist, was mit diesem Erbe zu tun ist. Ist dies nicht ein Widerspruch zu der auch im Erbzusammenhang auftauchenden koranischen Aussage, dass Gott Klarheit schafft? Manchmal kommt es sogar vor, dass den Angehörigen anteilsmäßig scheinbar mehr zusteht als verteilt werden kann, weil die Zusammenrechnung der Anteile mehr als 100% ergibt. Hat sich der Koran hier nicht verrechnet?

Hiermit ist kein Widerspruch feststellbar, denn:

  • Der Koran behauptet nirgends, dass die Summe der Erbanteile bei jeder denkbaren Verwandtschaftskonstellation genau 100% ergibt.
  • Ein Gesetz ist keine Behauptung, der Rechenfehler nachgewiesen werden können, sondern eine Anweisung, für die das gilt, was für alle Anweisungen des Koran gilt, nämlich dass sie bis zu dem Punkt befolgt werden müssen, an dem sie nicht mehr befolgt werden können (siehe 64:16, 2:233, 2:286 etc.).
  • Wenn ein Rest übrig bleibt, bedeutet dies, dass alle Angehörigen ihre Anteile erhalten haben. Was den Rest anbetrifft, so lässt sich dieser unter den Armen verteilen (siehe Sure 4:8), wenn nicht andere Regelungen (aus der prophetischen Ususlehre) greifen. Die erneute Verteilung unter den Erbberechtigten ist ebenfalls denkbar, oder ein sonstiges gerechtes Verfahren, denn angesichts der koranischen Aufforderung zur Gerechtigkeit (5:8) ist die Angelegenheit des Resterbes nicht wirklich ungeregelt. Abgesehen davon lässt sich jede „Ungeregeltheit“ als indirekte Gewährung der freien Auswahl der Verfahrensweise auffassen, und das wiederum ist eine Form der Regelung.
  • In dem besonderen Fall, dass die zugesprochenen Anteile zusammengenommen mehr als 100% ergeben, stehen formal weiterhin allen Berechtigten ihre jeweiligen Anteile zu - gleichzeitig schuldet jeder dem anderen ein Stück des eigenen Anteils. Denn wo ein Recht besteht, etwas zu empfangen, besteht immer für irgendjemanden die Pflicht, etwas zu geben. Die gegenseitigen Schuldigkeiten resultieren dann einfach darin, dass der Anteil jedes Berechtigten proportional zu den anderen Anteilen reduziert wird, so dass sich insgesamt genau 100% ergeben.
  • Wird über drei baugleiche Fahrräder zu jeder von zwei Personen gesagt: „Dir gehören zwei dieser drei Fahrräder“, versteht sich von selbst, dass jedem eines gehört und das dritte Fahrrad beiden Personen gemeinsam gehört. Handelt es sich statt um Fahrräder um eine größere Geldmenge, versteht sich von selbst, dass das gemeinsame Eigentum am fraglichen Drittel des Geldes gleichbedeutend damit ist, dass jeder eine Hälfte dieses Drittels für sich allein nehmen kann.


Widerspruchsfreiheit zu naturwissenschaftlichen Fakten: Übereinstimmung mit anderen externen Fakten: Theologie und Dogmatik: Ethik: Geschlechtergerechtigkeit:
Innere Widerspruchsfreiheit: Sonstiges: