Nur Menschen als Gesandte?

Laut Koran wurden auch Engel als Gesandte auserwählt (Sure 22:75). Engel sind geschlechtslos. Dennoch wird in Sure 12:109 zu Mohammed gesagt: „Und Wir sandten vor dir nur Männer, denen Wir offenbarten, von den Bewohnern der Siedlungen.“

Hiermit ist kein Widerspruch feststellbar, denn:

  • Im Koran ist in solch einer Häufigkeit von der Sendung anderer Dinge die Rede (Engel, Satane, Wind, Wasserflut, ein Schrei, ein Kamel...), dass ein versehentlicher Widerspruch selbst unter der Annahme, der Koran sei Menschenwerk, praktisch ausgeschlossen wäre. Solches ist in der Regel ein Zeichen für das Vorliegen einer speziellen Definition des betreffenden Wortes (hier „senden“), sofern der Leser nicht etwas übersehen hat.
  • Wenn gesagt wird: „Ich habe noch nie in meinem Leben gewählt“, dann ist meist klar, dass nur das demokratische Wählen gemeint ist. Oder wenn gesagt wird: „Taxifahrer XY hat außer Politikern nie jemanden gefahren.“ - dann ist es naheliegend, dass hier nur das berufliche Fahren gemeint ist und nicht ausgeschlossen wurde, dass privat bei ihm auch schon beispielsweise seine Kinder mitfuhren. Ebenso ist bei dem Vers für jeden naheliegend, dass nur die prophetische Gesandtschaft zu einem Volk als Warner gemeint ist und nicht ausgeschlossen wird, dass ein Engel zu einer Einzelperson gesendet wird.
  • Der Ausdruck min qablika („vor dir“) sollte beachtet werden. Seine Relevanz zeigt sich an Sure 42:3, wo er ebenfalls zum Einsatz kommt: Derart offenbart dir und denen vor dir Gott, der Machtwürdevolle, der Weise.. Hier und in Übereinstimmung mit vielen anderen Stellen im Koran, an denen dieser Ausdruck vorkommt, wird klar, dass denen vor dir in der nicht-koranischen Sprache zwar die Bezugnahme auf alle Menschen vor Mohammed (s) zuließe, sich aber in der koranischen Terminologie ausschließlich auf Propheten bezieht. (Dagegen bezieht sich „diejenigen vor euch“ auf frühere Völker.) Der Ausdruck „vor dir“ schränkt durch die koranspezifische Terminologie den Blick auf die Kette ein, in der sich Mohammed (s) befindet,1 nämlich die Kette der Propheten (Engel sind keine Propheten). Wäre eine Generalisierung beabsichtigt gewesen, hätte sich statt min qablika der Ausdruck min qablu („zuvor, früher“) angeboten.
1 Dass dies zum Zweck des Ausdrucks gehört, bestätigt sich dadurch, dass an allen Stellen des Koran, an denen eine ähnliche „Missverständlichkeit“ im Zusammenhang mit Gesandtschaft zu finden ist, min qablika oder das äquivalente qablaka zum Einsatz kommt (siehe 12:109, 16:43, 21:7, 22:52, 25:20, 43:23) und fast überall dort, wo eine ähnliche Formulierung vorliegt, jedoch die Ausweitung der Gesandtschaft auf Engel usw. den scheinbaren Widerspruch nicht zur Folge hätte oder andere Elemente die Eingrenzung signalisieren, der Ausdruck, der ja dann nicht gebraucht wird, fehlt (siehe 4:64, 7:94, 14:4, 34:34). - Die Einschränkungsfunktion des Ausdrucks ist auch hinsichtlich der normalen Sprache nachvollziehbar, z.B. in der Aussage: „Vor diesem Roman schrieb ich nur Sachbücher.“ Der Sprecher schließt hier nicht aus, dass er zuvor auch E-mails oder in seiner Kindheit Hausaufgaben schrieb, zumal diese Dinge nicht Teil der Kette seiner Buchpublikationen sind.


Widerspruchsfreiheit zu naturwissenschaftlichen Fakten: Übereinstimmung mit anderen externen Fakten: Theologie und Dogmatik: Ethik: Geschlechtergerechtigkeit:
Innere Widerspruchsfreiheit: Sonstiges: